Oslo

Aus der Kategorie Travel - verfasst am 23. Aug. 2015

Da ich Skandinavien touristisch etwas vernachlässigt habe, stattete ich im Anschluss an London Oslo einen Besuch ab. Bei Sonnenschein und 24 Grad fällt es einem schwer, die Stadt nicht zu mögen.

Ankunft

Ryanair landet in Rygge, der Flughafen ist nach Stansted eine angenehme Abwechslung. Klein, ruhig und überschaubar. Vom Flughafen kann man mit einem Shuttlebus zum nahegelegenen Bahnhof fahren, Tickets für den Zug kann man direkt im (kostenlosen) Shuttele-Bus erwerben. Der Bahnhof in Rygge ist ebenfalls sehr überschaubar, ich würde ihn zwischen Markersdorf und Prinzersdorf einordnen ;)

rygge

Im Gegensatz zur ÖBB gibt es in allen Zügen kostenlosen WLAN-Zugriff. Generell findet man sehr viele gratis Hotspots in Oslo, eine SIM-Karte für den Urlaub ist überflüssig.

Mein Hostel ist 10 Minuten zu Fuß vom Hauptbahnhof entfernt. Es darf sich also zurecht Oslo Hostel Central nennen. Das Top-Rating auf Tripadvisor ist ebenfalls gerechtfertigt, es ist sehr sauber und das Frühstück ist hervorragend, das Personal könnte ein wenig motivierter sein.

Im Empfangsraum des Hostels waren ca 10 Gäste, jeder starrte auf sein Smartphone oder iPad. Ich hätte gedacht man reist in ein Hostel um Leute kennen zu lernen. So wirlich ins Gespräch bin ich nur mit meinen Zimmerkollegen gekommen. Es ist wohl ein Problem unserer Zeit, dass man durch die Vernetzung zwar mit vielen Personen in Kontakt steht, jedoch die persönlichen Kommunikation extrem darunter leidet.

Holmenkollen

Als Österreicher muss man natürlich auf den Holmenkollen (Holmenkollbakken) und in das Skimuseum schauen, daher breche ich gleich nach dem Check-In auf. Da ich mir den Oslopass (ca 60 Euro) gekauft habe, kann ich für 3 Tage fast alle Museen gratis besuchen, sowie kostenlos die öffentlichen Verkehrsmitteln benutzen. Die riesige Skisprungschanze prägt das Erscheinungsbild der Stadt. Mit der T-Bane (Mischung aus U-Bahn und Straßenbahn) erreicht man den Hügel bequem in 30 Minuten.

holmen1 Geld spielt keine Rolle, für 100m wurde ein Sessellift gebaut, um den Aufstieg zu verkürzen

holmen2 Die Schanze passt sich sehr gut an die Form des Hügels an. In seiner über 100-jährigen Geschichte wurde die Schanze 19 Mal umgebaut, zuletzt 2010.

holmen3

An der Spitze gibt es natürlich eine atemberaubende Aussicht:
holmen4

Im Sommer wird die Schanze für Flying-Fox-Fahrten genutzt. Man wird an ein Drahtseil befestigt und kann den Holmenkollen in atemberaubender Geschwindigkeit runterfliegen. Um selbst runter zu gleiten bin ich leider zu spät dran. Nach einem Rundgang um das Sportareal fällt mir auf, wie sportlich die Norweger sind. Man sieht sehr viele Menschen Langlaufen auf Skates, so wie Mountainbiker.

Fortgehen

Nach der anstrengenden Reise wollte ich eigentlich früh schlafen gehen, da jedoch meine Zimmerkollegen fortgehen wollten, lies ich mich zu 1-2 Bier überreden. Nach einer kleinen Runde durch die Stadt landeten wir Irish Pub The Dubliners gegenüber vom Hostel. Die gute Live-Band war die 12 Euro pro Bier wert. Generell darf man in Oslo nicht in Euro umrechnen, man muss die Kronen als Fantasiewährung betrachten und sich beim Konto- und Kreditkartenauszug einfach erschrecken lassen.

Kultur

Der nächste Tag stand ganz im Zeichen der Kultur. Zuerst ging es ins Friedensnobelpreismuseum. Der eine Teil der Ausstellung widmet sich immer den aktuellen Friedensnobelpreisträgern, der andere befasst sich mit der Geschichte und den bisherigen Preisträgern.

Kon-Tiki

Mit der Fähre (im Öffi-Ticket inkludiert) gelangt man auf die Museums(halb)insel. Zuerst besuchte ich das Kon-Tiki-Museum. Ich kannte die Gesichte von Thor Heyerdahl und seinem Floß nicht. Heyerdahl wollte beweisen, dass die Osterinseln nicht ostwärts, sondern von Westen besiedelt worden sind. Der Legende nach soll Kon-Tiki, der Schöpfergott der Inka, aus dem Osten gekommen sein und dann Richtung Westen weitergesegelt sein.

Heyerdahl wollte mit seiner Schifffahrt zeigen, dass es mit den damaligen Materialen und Wissen möglich war, so eine lange Fahrt auf dem Meer zu unternehmen. Jeder prophezeite ihm, dass dieses Unterfangen schief gehen würde und er den sicheren Tod finden würde. Er fand 5 andere mutige Mitstreiter und lange Rede kurzer Sinn: er erreichte tatsächlich nach über 100 Tage auf dem Meer die Osterinseln.

Im Museum selbst wird die Kon-Tiki ausgestellt. (Foto gibt es leider keines, da ich anscheinend vergessen habe, das Floß zu fotografieren ;)) Weiters erfährt man den Werdegang dieses Unternehmen und was aus den Abenteurern geworden ist. Ich fand die Story sehr inspirierend, gegen alle Widerstände schafft Heyerdahl auf seinen Floß das Unmögliche und wurde dann als Held gefeiert und veränderte zugleich (ein wenig) die Wissenschaft.

Fram

Im Museum nebenbei findet man die Fram:

fram

Das Polarschiff wurde um die Jahrhundertwende in der Arktis als Forschungsschiff eingesetzt und Amundsen fuhr mit ihr in die Antarktis, wo er ein Basislager errichtete und anschließend vor dem Briten Scott den Mittelpunkt der Antarktis erreichte.

Die Außenhaut des Schiffes besteht komplett aus Holz. Der Schiffskörper ist eher rundlich, damit es über das Eis gedrückt wird um dieses zu brechen. Interessant ist auch, warum Amundsen das Rennen um den Pol gewann. Scott setzte auf moderne Technik, die motorisierte Schlitten konnten jedoch den arktischen Bedingungen nicht standhalten. Amundsen vertraute ganz auf die Kraft der Schlittenhunde und sie waren es, die eigentlich zuerst am Südpol waren. Scott und seine Mannschaft konnten zwar ebenfalls den Pol erreichen, erfroren jedoch auf der Rückfahrt.

Wikingermuseum

Nach so viel Information über die Nautik verzichtete ich auf das maritime Museum und ging weiter zum Wikingermuseum. Man fand 3 relativ gut erhaltene Wikingerschiffe und baute extra dafür ein Museum:

vikings

Wenn man sich die Boote ansieht, dann versteht man warum sie so gefürchtet waren. Bei der Konservierung ist leider die Farbe verlorengegangen, die Kriegsbemalung machte sicher einen nicht unwesentlichen Teil des Eindrucks auf die armen Küstenbewohner aus. Die Schiffe sind wesentlich größer als ich geglaubt habe, und sie sehen verdammt leicht, stabil und schnell aus. Zumindest im Vergleich zur Kon-Tiki.

Norse Folkemuseum

Das Volksmuseum der Norweger. Hier findet man wirklich alles zur Geschichte und Kunst der Norweger, inklusive Norweger-Pullover. Neben dem normalen Museum findet man auch ein Freiluftmuseum, das verschiedene Häuser aus verschiedenen Regionen und Zeiten zeigt. So baute man die Stabkirche von Gol aus dem 13. Jahrhundert ab, restaurierte sie, und baute sie hier wieder auf:

stabkirche

Ein kleiner Teil widmet sich auch den Samen (Lappen), ein nomadisches Volk ganz im Norden Skandinaviens. In der Vergangenheit war das Verhältnis von "Norwegern" und Samen nicht ohne Konflikte, aktuell dürfte es sich normalisiert haben.

Vigelandpark

Mit dem Bus fuhr ich dann von der Halbinsel Richtung Zentrum. Ich hatte nun genug von den Museen und daher ließ ich den Abend im Vigelandpark ausklingen. Der Park und die Skulpturen wurden von Vigeland designt:

vigeland1

vigeland2 Ich bin kein Kunstexperte, aber ich glaube diese Skulptur stellt die häusliche Gewalt, bzw. die Gewalt gegen Kinder dar ;)

Abendprogramm

Das späte Abendprogramm beschränkte sich auf Burger und Bier. Das Illegal Burger stand ganz oben auf meiner Liste. Wenn Mikkeller ein Illegal Mikkeller für das Lokal braut, dann muss man als Craft-Beer-Trinker hinschauen.

im

Mikkeller hielten sich bei diesem Lager-Bier etwas zurück, das typisch fruchtige wird bei diesem Bier nur angedeutet.

In der Crowbar verkostete ich verschiedenste Bier die on Tap waren, so richtig in Erinnerung blieb keines. Preislich bewegen wir uns hier bei über 6 Euro für 0,2 - in Relation zu den normalen Bierpreisen in Norwegen ist das in Ordnung.

Natur

Den 3. Tag (2. volle Tag) wollte ich in der Natur verbringen. Man kann von einigen Endstationen der T-Banen gleich Wanderwege entlangspazieren. Ich wählte die 1er Linie, auf der auch der Holmenkollen erreichbar ist. Das nahegelegen Skigebiet ist nur einen kurzen Fußmarsch entfernt. Natürlich gibt es auch reihenweise Langlaufloipen. Ich wollte einfach mal losmarschieren und landete direkt im Skigebiet. Dort war zum Glück auch ein Wanderweg angeschrieben, der zu einer Ortschaft führt, die per Bus erreichbar ist. Das klang ganz nach meinen Geschmack, auf ein Ziel hinmarschieren und dann gemütlich heimfahren.

see Dieser See ist nur ein paar 100 Meter von der Endstation entfernt

Es war Freitag mittags und es waren fast keine Leute unterwegs. Auf meiner zweistündigen Wanderung begegneten mir nur einmal andere Menschen. Kurz vor der Hälfte machte ich halt bei einem größeren See, in dem man auch baden gehen konnte. Nachdem ich kurz mal die Füße hineingehalten habe, hatte ich die Schwimmpläne verworfen. die gefühlten 14 Grad Wassertemperatur sind nichts für mich.

see2

Gegen Ende der Wanderung ging der Weg in eine Schotterstraße über, die von einigen Mountainbikern genutzt wurde. Ein Rad auszuborgen, es in die T-Bane mitzunehmen und den Berg hinunterzufahren, wäre übrigens auch keine schlechte Idee gewesen.

Nach halb 3 erreichte ich dann die Bushaltestelle und hier nimmt der Tag eine interessante Wendung.

Abenteuertour mit Chris

Als ich wartend in der Bushaltestelle saß, kam mir ein leicht humpelnder Wanderer entgegen. Er stellte sich als Chris aus dem Norden Englands vor. Durch eine Muskelzerrung musste er seine Wanderung vorzeitig abbrechen. Nachdem ich ihn erzählte, dass ich aus Wien komme, sprach er auf deutsch weiter. Er brachte in den 1970-igern Squash nach Österreich und baute bei der ersten Squashanlage in Oberlaa mit.

Chris war sehr gesprächig und erzählte mir, dass sein Sohn im Hard Rock Cafe als Küchenchef arbeitet und wir dort ein Bier trinken könnten. Ich hatte keine Pläne für den Nachmittag, also sagte ich zu. Beim Umsteigen vom Bus in die T-Bane setzte sich eine junge Norwegerin mit ihren Hund neben uns. Den Hund erwähne ich, weil er wirklich eine schöne Mischung aus Collie und Norwegischer Hund war und extrem brav und zutraulich war. Da ist einfach alles schön in Norwegen ;)

Chris ist wirklich sehr gesprächig, er redet einfach alle Leute an und so erfuhren wir, dass die Norwegerin Elsa heißt und mit ihren Hund auf dem Weg zur Arbeit war. Sie ist Kellnerin im St. Hanshaugenpark. Da wir sowieso ein Bier trinken wollten, gingen wir mit ihr mit in das Cafe.

Nachdem wir ein wenig die Sonne genossen haben, machten wir uns auf den Weg ins Hard Rock Cafe. Chris sprach kurz mit seinem Sohn und wir mussten für unser Bier nichts bezahlen. Herrlich.

Schön langsam stellte sich ein wenig der Hunger ein, außer dem ausgiebigen Frühstück hatte ich nur 3 Energieriegel verzerrt. Chris wollte mit der Fähre auf die Halbinsel vor Oslo fahren, da er dort in der Nähe des Fjellstrands oder des Fagerstrands bei seinem letzten Oslobesuch so nette Leute kennen gelernt hatte. Ich hatte natürlich nichts dagegen, vorher aßen wir jedoch noch eine Kleinigkeit und tranken ein Norwegian Wood, ein norwegisches Rauchbier:

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Zwischen Fjellstrand und Fagerstrand

Wir erwischten die Fähre, die ebenfalls im normalen Öffiticket inkludiert ist, ziemlich günstig. Kaum waren wir an Board, ging es los. Da wir noch ein wenig die Sonne genießen wollten, setzten wir uns vorne auf das Deck.

Die Halbinsel vor Oslo wirkt wie eine Ansammlung kleiner Dörfer. Zum Wohnen wäre es hier sicher sehr schön, direkt vor Oslo aber doch "am Land". Ich glaube sehr viele Osloer haben hier ein Ferienhaus. Die öffentliche Anbindung ist jedenfalls ausgezeichnet. Die Busse sind punktgenau auf die Fähre abgestimmt und es geht sofort los. Natürlich erwischten wir den falschen Bus, denn das gesuchte Lokal von Chris befand sich doch nicht am Fjellstrand sondern beim Fagerstrand. Wir mussten jedoch nicht lange auf den nächsten warten.

Ein paar Stops vor der Endstation meinte Chris, dass wir jetzt raus müssen. Ich war ein wenig skeptisch, da wir hier wirklich im nirgendwo waren. Wir stiegen aus und ich sagte zu ihm, dass wir nach Oslo zurückfahren, wenn er sich wieder geirrt hat. Auf dem Weg zur Küste kamen wir bei ein paar Jugendlichen vorbei, die einer kleinen Hütte für das Fortgehen in Oslo vorglühten. Ich fühlte mich wie zu Hause. Chris erkundigte sich noch einmal nach dem Lokal und anscheinend hat er sich wirklich nicht geirrt, die Jugendlichen bestätigen uns, dass es unten ein Lokal gibt, das Chris' Bschreibungen entspricht.

Ganz versteckt beim Hafen finden wir das gesuchte Gasthaus. In meinen Augen ist es mehr eine bessere Imbissbude, aber für ein Bier reicht es. Chris macht das, was er am besten kann und spricht Leute an. Es stellt sich heraus, dass das Paar neben uns ein Opernsänger und eine Opernregiseurin ist. Chris erzählte ihnen von seinem Urgroßvater Eugen Sandow, dem Vater des modernen Bodybuildings. Er bezeichnete ihn als tragische Figur. Er schaffte den Aufstieg aus dem Nichts, jedoch konnte er in der damaligen Zeit seine Homosexualität (bzw. Bisexualität) nicht ausleben und wurde quasi in die Ehe mit einer Frau gedrängt. Chris meinte, dass sich dieser Stoff gut für eine Oper eignen würde, er tauschte mit ihnen die E-Mailadressen aus und vielleicht sehen wir in ein paar Jahren eine Oper über den ersten Bodybuilder der Welt.

Nachdem ich doch etwas leicht bekleidet war und die Temperaturen nach Sonnenuntergang stark zurückgehen, brach ich dann Richtung Oslo auf. Außerdem war es spät und ich war sehr müde, daher ging ich ohne Umwege von der Fähre in das Hostel zurück.

Abreise

Bis Mittags hatte ich noch Zeit für etwas Sight Seeing, daher spazierte ich ein wenig auf der Oper herum:

oper1

oper2

Was mir auch aufgefallen ist, die Stadt wirkt sehr gepflegt und bei manchen Straßenbahnabschnitten hat man den trostlosen Untergrund durch einen grünen Rasen ersetzt:

bim

Bei so einem Traumwetter muss man einfach diese Stadt mögen. Mit genug Geld könnte ich es in Oslo länger aushalten ;)